Wie schnell kommt der Sarg auf die Bühne?
Eine „ganz normale Probe“ kündigten Intendantin Nicola May und Roland Schenkel, Präsident der Patronatsgesellschaft für Theater und Philharmonie Baden-Baden, am Mittwochabend auf der Bühne an: Dort wurde anschließend ein Einblick in die aktuelle Inszenierungsarbeit für „Hamlet“ gegeben.
Die Einladung an die Mitglieder der Patronatsgesellschaft und Interessenten wurde mit Begeisterung aufgenommen, knapp 200 Menschen füllten den Theatersaal. Neben dem Probenpublikum waren wie bei einer ganz normalen Probe auch Inspizientin Kathrin Westphal, Regie-Assistentin Désirée Ly, Souffleuse Agathe Taschke, Regie-Hospitant und FSJler Lewin Eser, Ausstattungsassistentin Lea Babel, Bühnenbildner Timo Dentler, Musiker Christian Kuzio, Dramaturgin Kekke Schmidt und natürlich Regisseur Harald Fuhrmann mit dabei.
Fuhrmann führte souverän durch die Probe und verriet zu Beginn auch viel über seine Vorarbeit vor und in der Probenzeit. Bereits zum zweiten Mal leitete Harald Fuhrmann für die Gäste der Patronatsgesellschaft eine öffentliche Probe, zuletzt bei den Proben seiner Inszenierung von „Faust II“ vor zwei Jahren. Neben technischen Abläufen gibt es im Probenprozess auch viele grundsätzliche, theoretische Fragen zu klären: Wie kann man Shakespeares große Tragödie heute erzählen? Welche Ansätze lassen sich verfolgen? Welche Fragen stellt der Text? Wie kann man sich den verschiedenen Figuren nähern? Wie kann Hamlets Wandel vom moralischen, humanistischen Intellektuellen zum ganz archaischen, blutrünstigen Täter plausibel werden?
All diese Fragen und mögliche Antworten sind Teil der Probenarbeit; Regisseur Harald Fuhrmann teilte sie mit dem Publikum der öffentlichen Probe in einigen einleitenden Worten, bevor er mit seinem Ensemble auf der Bühne Ophelias Beerdigung probte, die vorletzte Szene des Stücks. Beteiligt sind in dieser Szene alle Schauspieler des Stücks: Simon Mazouri in der Rolle des Hamlet, Patrick Schadenberg als Horatio, Hamlets Freund, Sebastian Mirow als König, Stephanie Brehme als Königin, Cyril Hilfiker als Laertes, Michael Schmitter und Holger Stolz hier als Totengräber, Mayla Häuser als Osrik (in anderen Szenen als Ophelia).
Hier wurde die Szene nach Ophelias Tod geprobt, als Grab dient dabei eine Versenkung im Bühnenboden, in der der Sarg verschwinden muss. Wie schnell kann der Sarg auf die Bühne kommen? Mit welcher Geste sollte Laertes, der Bruder der toten Ophelia, anschließend auf ihren Sarg springen? Neben technischen Abläufen waren es vor allem Detailfragen, die geklärt werden mussten und zu denen das Probenpublikum ganz am Ende der Veranstaltung auch eigene Rückmeldungen und ganz konkrete Ideen lieferte wie zum Beispiel den Vorschlag von Markierungen an den Seilen, die den Sarg halten.
Das Interesse und die Begeisterung darüber, am Probenprozess beteiligt zu sein, wurden an den Rückfragen und dem Applaus deutlich. Eine Soiree mit Regisseur und Team findet am Sonntag, 12. Januar, 18 Uhr statt (Eintritt frei), Premiere ist am 18. Januar, weitere Informationen und Termine finden Sie hier.